Lydia Steier, Luzerner Theater

Zum «Rosenkavalier»: 10 Fragen an Lydia Steier

Oper
12. Januar 2023

Weshalb «Der Rosenkavalier»? Was hat dich gereizt, ihn diese Spielzeit in Luzern zu inszenieren?
Lydia Steier: Wir wollten eine Oper, die haargenau auf unser Ensemble passt. Dazu etwas Grosses, das an diesem Haus unerwartet und aussergewöhnlich ist.

Was gefällt dir am Stoff besonders?
Er ist ziemlich fies, aber auch lustig in seinem unschönen Miteinander. Eine Studie höflicher Brutalitäten.

Die Proben laufen auf Hochtouren – woran feilt ihr gerade?
Vor allem daran, wie alles auch ästhetisch zusammenkommt. Und an praktischen Details. Beispielsweise wollten wir unbedingt Wasser auf der Bühne haben, das sinnliche Element als Ort, an dem echte Intimität existiert und an dem Konventionen und Künstlichkeit keine Macht haben. Nur ist es aus praktischer Sicht kein einfaches Element für die Bühne. Wir können unsere Sänger*innen ja nicht Mitten im Januar ins kalte Wasser stellen. Doch die Magie kommt so oft vom Überwinden scheinbarer Unmöglichkeiten.

Worüber wird bei diesem Stoff im Team am heissesten debattiert?
Über die Figur des Octavian wahrscheinlich. Die traditionelle Hosenrolle wird bei uns von Solenn’ Lavanant Linke gespielt. Es spielt also eine Frau einen jungen Mann, der wiederum eine Frau spielt. Es gab daher spannende Gespräche dazu, was eine Hosenrolle heute bedeutet. Viele Diskussionen jedoch haben wir zum Thema Status und Klasse, dem Überwinden oder Durchdringen von Klasse in der heutigen Gesellschaft geführt.

Was ist die grösste Herausforderung beim «Rosenkavalier»?
Strauss hatte wahnsinnige Freude daran, Momente zu erschaffen, in welchen die Welt stillsteht und man sich in Emotionen und Glück verlieren kann. Ein Baden in akustischer Schönheit. Diese jedoch inszenatorisch mit den schnellen, lustigen und bösen Momenten in einer Linie zu verbinden ist eine echte Herausforderung.

Und was macht am meisten Spass?
Der Slapstick. Wir haben so junge, agile Darsteller*innen im Ensemble! Sie können und wollen richtig hart reingehen ins Physische dieser Komödie und das macht unheimlich Spass.

Auf was für eine Ästhetik darf sich das Publikum freuen?
Nicht auf die erwartete, also Prunk, Gold und Stuck und Samt. Für meine Verhältnisse wird es eine relativ minimalistische Bühne, trotzdem farbenfroh und intensiv. Wir werden die Zeitreise vom Rokoko bis ins heute über die Kostüme erzählen. Es wird auf jeden Fall ein intimer Rosenkavalier und keine Sahnetorte.

Wo werden wir deine Handschrift am stärksten erkennen können?
Es ist ja dieses Mal so, dass ich gemeinsam mit Matthias Piro inszeniere. Es ist toll zu sehen, wie sich unsere Arbeiten gegenseitig einbetten. Für mich jedoch zentral, wie so oft in meinen Arbeiten, ist die Auseinandersetzung mit dem Spannungsfeld Theater und Realität. Die Spannung zwischen Schein und Sein.

Inwiefern wird das Publikum die Tradition dieser Oper, inwiefern ihre Gegenwärtigkeit zu sehen bekommen?
Wir zitieren sehr viele Elemente der traditionellen Inszenierungen, brechen diese dann aber auch ironisch. So ist die Marschallin doch stark Rokoko – oder vielleicht eher: Rokoko auf Steroiden.

Und zum Ende: Weshalb muss man den «Rosenkavalier» in Luzern gesehen haben?
Weil es eine äusserst lustige, derbe aber auch emotionale Inszenierung wird, die man so an vielen anderen Häusern nicht zeigen könnte. Und auch niemals so intim und hautnah wie hier – mit diesem grossartigen Ensemble.