Swan – a Different Story, Luzerner Theater

Ballett vs klassischer chinesischer Tanz

Tanz

 

Zur Geschichte

Das Ballett hat eine mehrere hundert Jahre alte Geschichte. Der klassische chinesische Tanz hingegen hat seine Wurzeln in der fünf Jahrtausende alten chinesischen Zivilisation. Seine Ursprünge gehen auf Tänze in den alten kaiserlichen Palästen und auf Volkstraditionen zurück, die von Generation zu Generation weitergegeben wurden. Einige Elemente wurden durch die Kampfkünste bis heute bewahrt.

 

 

 

 

Zur Körperlichkeit

Auf professionellem Niveau sind sowohl Ballett- als auch klassische chinesische Tänzer*innen unglaublich fit und verfügen über eine scheinbar unmenschliche Flexibilität und Muskelkontrolle. Doch die beiden Trainingsstile führen zu Unterschieden in der Körperlichkeit. Einfach ausgedrückt: Ballett und klassischer chinesischer Tanz setzen die Muskeln unterschiedlich ein. Das Ballett baut auf der menschlichen Anatomie auf, um die Muskeln auf eine neue Art und Weise zu trainieren, die speziell auf die Bedürfnisse des Balletts zugeschnitten ist.

Der klassische chinesische Tanz hingegen nutzt dieselben Muskeln, die wir täglich benutzen, und verlangt nicht, dass sie speziell entwickelt werden. Die Muskeln, die ein Tänzer beim Gehen, Laufen oder Basketballspielen einsetzt, sind die gleichen, die auch beim klassischen chinesischen Tanz verwendet werden.

 

 

 

 

Von der Verbindung zu den Kampfkünsten

Der klassische chinesische Tanz hat eine besondere Beziehung zu den Kampfkünsten, die beim Ballett nicht existiert. Der klassische chinesische Tanz und die chinesischen Kampfkünste sind wie Schwestern mit ähnlichen Talenten, die unterschiedliche Wege eingeschlagen haben. Im alten China traten die Generäle bei grossen Feierlichkeiten im Kaiserpalast vor dem Kaiser auf. Die gleichen Kampfsportarten, die sie auf dem Schlachtfeld einsetzten, wurden zu einer Kunstform, dem Tanz. Die Bewegung, einem Speer auszuweichen, wurde beispielsweise als Rückwärtssalto Teil des Tanzes; die Abwehr eines gleichzeitigen Angriffs von allen Seiten wurde im Tanz zum sao tang, dem «Fegen der Halle». Es hat sich nicht etwa das eine aus dem anderen entwickelt, sondern es ist so, dass dieselbe Technik, die im Kampf verwendet wird, sich im zivilen Gebrauch als Tanz präsentiert.

 

 

 

Zur kulturellen Beeinflussung

Das Ballett aus dem Westen und der klassische chinesische Tanz aus dem Osten unterscheiden sich auch über ihr unterschiedliches kulturelles Erbe. Dieser Unterschied ist schwer greifbar, hier der Versuch, ihn anhand eines Beispieles aufzuzeigen:  Geht man in der westlichen Kultur auf jemanden zu, den man ansprechen möchte, geht man in der Regel in einer geraden Linie auf die Person zu. In der traditionellen östlichen Kultur nähert man sich der Person auf einem Umweg, einer Kreisbahn. Auch im Ballett stehen lineare, eindeutige Bewegungen im Vordergrund, während der klassische chinesische Tanz runde, kontinuierliche Bewegungen ohne Pausen bevorzugt. Der «Achterkreis» ba zi yuan zum Beispiel ist eine Bewegung, die an ein Schleifenband erinnert. Um vorwärts zu gehen, beginnt die Bewegung rückwärts, und um nach links zu gehen, geht sie zuerst nach rechts - zusammen bilden sie eine Acht. Diese Bewegung kann eine kleine Handbewegung oder eine grosse, offene Drehung des gesamten Körpers sein und verleiht selbst den winzigen Bewegungen des klassischen chinesischen Tanzes eine ganz eigene Komplexität.