Bad Girls, Luzerner Theater

Was davor geschah: Der Ring des Nibelungen in der Zusammenfassung von Loriot

Schauspiel
22. März 2023

Was davor geschah

Richard Wagner
Der Ring des Nibelungen
In der Zusammenfassung von Loriot

Die Täter im gewaltigsten Drama der Musikgeschichte sind eigentlich ganz nette Leute. Nur eine gemeinsame Leidenschaft wird ihnen zum Verhängnis: Sie wollen mehr besitzen, als sie sich leisten können, mehr Macht, als ihnen zusteht. In blindem, lieblosem Gewinnstreben vernichten sie sich selbst und ihre Welt.

Zum Glück gibt es ja dergleichen nur auf der Opernbühne.

 

Das Rheingold

Der erste Teil der Tetralogie beginnt in jener vorgeschichtlichen Zeit, in der es noch möglich war, im Rhein zu baden. Getragen von 136 Takten in Es-Dur versinken wir über den Grund des Flusses an den Ursprung der Welt.

Mit dem Auftauchen der Rheintöchter, drei unbekleideten, passionierten Schwimmerinnen, ist das Ende der Unschuld vorprogrammiert. Das bekannte Gesangstrio singt ebensogut unter wie über Wasser und hört auf die Künstlernamen Woglinde, Wellgunde, Floßhilde. Unverantwortlicherweise sind die Damen mit der Bewachung eines hochbrisanten Wertobjektes, des sogenannten Rheingoldes, betraut, ohne im mindesten hierfür geeignet zu sein. Sie lassen sich vor Ort ansprechen von einem gewissen Alberich aus Nibelheim.

Die Damen wittern willkommene Kurzweil und treiben mit dem zwergenwüchsigen Voyeur ein aufreizendes, übles Spiel, wobei sie seinen Stolz als Liebhaber empfindlich verletzen. Schließlich geben sie in Kicherlaune auch noch das Betriebsgeheimnis preis: Maßlose Macht über die Welt fällt demjenigen zu, der das Rheingold zu einem Ring zu schmieden vermag und dafür zeitlebens auf Liebe verzichtet. Kein Wunder: Alberich fühlt sich ohnehin um den erotischen Erfolg betrogen und greift stattdessen nach der Weltmacht. Er flucht auf die Liebe, raubt das Gold und verschwindet in Richtung Nibelheim. Das Unheil nimmt seinen Lauf. Wenn die Rheintöchter, sagen wir mal... etwas entgegenkommender gewesen wären, hätte man sich drei weitere aufwendige Opern sparen können. Das sollte zu denken geben.

Szenenwechsel an die Erdoberfläche, in die noblen Regionen der Götter. Im Hintergrund erhebt sich ein Felsmassiv. Sein Gipfel hat durch einen voluminösen Neubau seine natürliche Schönheit eingebüßt. Auf einer Wiese im Vordergrund schläft der Bauherr. Neben ihm erwacht seine Gattin Fricka und eröffnet mit den Worten «Wotan, Gemahl, erwache» eine dieser klassischen ehelichen Auseinandersetzungen, die dem Ehemann keine Chance bieten. Natürlich ist die Ehefrau im Recht... leider macht sie das nicht sympathischer.

Was war geschehen? Wotan ließ durch die Firma Fasolt & Fafner den aufwendigen Familiensitz Walhall errichten als Festung gegen die zerstörenden Mächte des Bösen, ohne seine Frau über eine skandalöse Besonderheit dieses Bauvorhabens zu informieren. Hatte er doch - in Ermangelung des nötigen Kapitals - den Brüdern Fasolt und Fafner die Göttin Freia, seine eigene Schwägerin, als Honorar zugesichert. Eine Regelung, die auch im harten Geschäftsleben unserer Tage eher zu den Ausnahmen gehört. Die Gebrüder Fasolt und Fafner, zwei Bauunternehmer mit der Schuhgröße 58, treffen ein, um vertragsgemäß die Göttin Freia abzuholen. Diese hat nicht die mindeste Lust, ihr Leben künftig an der Seite zweier Monster zu verbringen, und protestiert energisch bei ihrer Familie. Leider vergeblich. Ein Augenblick von hoher Peinlichkeit.

Da erscheint in letzter Minute der missliebige Feuergott Loge, der seinerzeit den unseligen Vertrag mit ausgehandelt hatte. Als amoralischer Intellektueller ist er der einzige, der Wotan noch aus der Patsche helfen kann. Loges Lösung ist verblüffend einfach, wenn auch außerhalb der Legalität: Man brauche nur in einer Nacht-und-Nebel-Aktion nach Nibelheim zu fahren, Alberich seiner immensen Goldrücklagen zu berauben und diese den Riesen im Austausch gegen Freia anzubieten. Der Vorschlag wird mit Erleichterung aufgenommen und sofort in die Tat umgesetzt.

In Nibelheim, einem unterirdischen Großbetrieb, der das Tageslicht scheut, treffen Wotan und Loge auf Alberich und seinen Bruder Mime. Alberich ist es gelungen, aus Teilen des Rheingoldes den weltbeherrschenden Ring zu schmieden. Aber die neue Machtfülle ist ihm offensichtlich nicht gut bekommen, denn seine geistige Entwicklung hat mit dem Kapitalzuwachs nicht Schritt gehalten.

Ein Symptom, das ihn eng mit uns verbindet.

Alberich fällt auf einen üblen Trick herein: Arglistig meint Loge, Alberich könne vieles, aber sich in eine Kröte verwandeln könne er wohl nicht. Das mag Alberich nicht auf sich sitzenlassen, und schon führt er mit Hilfe eines von Mime geschmiedeten Tarnhelms das Kunststück vor. Blitzschnell bringen Wotan und Loge die Kröte in ihre Gewalt. Der wieder sichtbare Alberich wird des Tarnhelms beraubt, gefesselt ans Tageslicht geschleppt und gezwungen, alle dem Rhein entnommenen Wertgegenstände auszuliefern, mit der fadenscheinigen Begründung, er habe sie ja auch nur gestohlen. Als letztes reißt Wotan dem unglücklichen Alberich den Ring vom Finger. Erst dann erhält der Nibelung seine ärmliche Freiheit zurück. Fast ist man auf seiner Seite, wenn er den Ring und seine Träger als Zeichen liebloser Weltmacht für alle Zeiten verflucht.

Die göttliche Gesellschaft läßt sich von Alberichs Fluch nicht die Stimmung verderben. Auch die Übergabe des Rheingoldes an Fasolt und Fafner erfolgt ohne Zwischenfälle. Aber dann fordert der Riese Fasolt auch noch den Ring des Nibelungen an Wotans Finger. Die Krise ist da, das Tauschgeschäft droht zu platzen, Freia scheint verloren. Da erhebt sich aus der Tiefe der Unterbühne die allwissende Erda. Mit wohlklingender Altstimme rät sie Wotan in Cis-Moll, auf den verfluchten Ring zu verzichten. Andernfalls sei eine Götterdämmerung nicht zu vermeiden. Wotan ist vom klugen Charme dieser Frau fasziniert und wirft gehorsam den Ring zum Lösegeld.

Sekunden später trifft Alberichs Fluch das erste Opfer. Fafner erschlägt seinen Bruder Fasolt im Streit um den Ring. Die Götter sind noch einmal davongekommen und beziehen frohgemut ihr monströses Walhall. Nur Loge mag den neuen Lebensstil der High Society nicht teilen. Lustvoll malt er sich ihr unrühmliches Ende aus. Und in der Tiefe jammern die törichten Töchter des Rheines.

To be continued…